Geschichte der Stiftung

Die Stiftung Kunst Heute mit Sitz in Bern, initiiert von Marianne Gerny, hat sich zur Aufgabe gemacht, ausgehend von einem 1979 im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums des Kunstmuseums entstandenen Projekts eine eigenständige Sammlung zeitgenössischer Kunst aufzubauen.

Gemeinsam mit dem befreundeten Sammler Donald Hess und dem damaligen Schweizerischen Bankverein wird 1982 die Stiftung gegründet. Einige Jahre später kann die Securitas als Stiftungspartnerin gewonnen werden.

Die engagierte Kunsthistorikerin und der passionierte Sammler haben für ihre Vision, für die Berner Bevölkerung entscheidende Kunstwerke der Gegenwart zu vereinen und den Blick auf das Zeitgenössische zu schärfen, in den frühen 1980er Jahren mit dem Aufbau einer Sammlung junger, bedeutender Schweizer Kunst, die noch nicht in aller Munde war, begonnen. Die Sammlungstätigkeit wird jungen Kurator/innen anvertraut und bis 2013 weitergeführt.

Entstehung und Wirkung der privat finanzierten Stiftung Kunst Heute sind, im Wissen um die gesellschaftliche Notwendigkeit einer zeitgenössischen Sammlung für die Berner Bevölkerung und Kultur, seit Anbeginn eng mit dem Kunstmuseum Bern im Hinblick auf eine Abteilung Gegenwart verbunden. Zugleich hat sie sich unabhängig von dieser entwickelt.

Für die alljährlichen Ankäufe wird eine von den Stiftungsräten unabhängige, dem zeitgenössischen Geschehen nahe stehende Kommission eingesetzt, die alle 4-6 Jahre erneuert wird. Die 3 Mitglieder der Ankaufskommission - darunter jeweils ein Mitglied aus der französischen Schweiz - sollen der Generation der Künstlerinnen und Künstler angehören, deren Werke man ankaufen möchte. Sie bauen eine Sammlung mit junger, überzeugender und oft noch unbekannter Kunst auf, die sich in der Zukunft mit "Museumswürde" in die Berner Sammlung Gegenwart eingliedern soll. Zugleich werden Werkgruppen etablierter Künstler, die sich bereits in der Sammlung befinden, sinnvoll ergänzt.

Zur Sammlungsstrategie einige Statements der ersten Ankaufskommission (Marcel Baumgartner, Bernhard Mendes Bürgi, Christian Cuénod, von 1982-88), die noch heute Gültigkeit besitzen: "Das Sammeln aktueller Kunst ist nicht gleichzusetzen mit spekulativen Entdeckungen. Aktualität bezieht sich auch nicht auf den Jahrgang eines Künstlers oder auf das Entstehungsjahr eines Werkes, sondern auf seinen Zeitbezug, seinen Zeitgehalt. Trotzdem möchte man nicht Werke ankaufen, die älter sind als ungefähr fünf Jahre. Ferner möchte man.... die einzelnen Künstlerinnen und Künstler mit mehreren Werken und über längere Zeit dokumentieren... Dabei geht es... nicht um eine möglichst vollständige Dokumentation der schweizerischen Kunstszene. Eine eigenwillige Selektion soll der Sammlung "ein Gesicht" geben. Also eine bewusste, subjektive Schwerpunktbildung, gepaart mit der Forderung nach Werken, die im Oeuvre eines Künstlers einen repräsentativen Charakter haben." (in: Ausst.kat. Aargauer Kunsthaus Aarau, Ohne Titel, 1995, S. 9-10)

Die jeweiligen Kuratoren bringen mit ihrer Tätigkeit für die Stiftung stetig frisches Leben in die Sammlung. Die erste Kommission erwirbt beispielsweise Skulpturen oder Plastiken von Jean-Frédéric Schnyder, Fischli/Weiss und Josef Felix Müller, den ersten öffentlichen Ankauf von John Armleder und weitere zentrale Werke von Olivier Mosset, Helmut Federle, Martin Disler, Adrian Schiess und Ian Anüll.

Von 1989-1994 haben Jean-Luc Manz, Urs Stahel und Theodora Vischer Ankäufe unter anderem von Silvia Bächli, Bernard Voïta, Eric Lanz, Christoph Rütimann, Beat Streuli, Alex Hanimann und Guido Nussbaum getätigt, welche ihre Zeit symptomatisch widerspiegeln. Aber auch das Kommende, das sich mit einer ungewohnten Frische und Radikalität in den Werken von Pipilotti Rist und Thomas Hirschhorn ankündigt, wird dokumentiert.

Im Jahr 1995 findet die erste Überblicksausstellung OHNE TITEL. Eine Sammlung zeitgenössischer Schweizer Kunst im Aargauer Kunsthaus Aarau statt, die von der gleichnamigen Publikation begleitet wird, welche erstmals die Fülle und Qualität der seit 1982 gesammelten Werke einem grösseren Publikum zugänglich macht.

Eine dritte Ankaufskommission (1995-2002), in welcher wie gewohnt die deutsche Schweiz wie die Romandie vertreten ist, folgt mit Jean-Paul Felley, Esther Maria Jungo und Josef Felix Müller. In ihrer Amtszeit kaufen sie Werke von Claudia & Julia Müller, Fabrice Gygi, Yan Duyvendak, Pierre Vadi, Judith Albert, Dias & Riedweg, Monica Studer / Christoph van den Berg und Christoph Draeger erstmalig an und widmen sich der sinnvollen Sammlungsergänzung. Im Jahr 2000 löst Samuel Herzog den St. Galler Künstler Josef Felix Müller ab. Das Ende dieser Amtszeit ist geprägt von Fragestellungen zum Sammeln von Kunst, die in stetig wachsenden Depots ihr Dasein fristet. Zu deren Sichtbarmachung wird ein öffentlich zugänglicher Sammlungskatalog gefordert.
Die Kommission beschäftigt sich mit der Frage, wie mit Kunstwerken umzugehen sei, die nicht als Werk im herkömmlichen Sinne in Depots lagern und für Ausstellungszwecke herauszuholen sind, sondern als Projekte in einem gewissen Rahmen ihren ein- oder mehrmaligen Auftritt haben können.

2003 wird die Sammlung der Stiftung Kunst Heute mit über 300 Werken oder Werkgruppen von 54 namhaften Schweizer Künstlerinnen und Künstlern als Schenkung dem Kunstmuseum Bern, Abteilung Gegenwartskunst, übergeben. Dies bringt eine neue Gewichtung und Präsenz in die schon bestehende Sammlung Abteilung Gegenwart mit sich. Während noch bis vor wenigen Jahren der Wille präsent war, von zentralen Kunstschaffenden möglichst viele Werke zu besitzen, was zu einer gewissen Uniformität in den westlichen Sammlungen geführt hat, bemüht man sich heute vermehrt wieder um subjektive und lokale Betonungen im Zeitgenössischen. Dies wird in der Sammlung der Stiftung Kunst Heute durch die Kuratorenaktivitäten, trotz selbstverständlicher internationaler Ausrichtung, mit Mut und Eigensinn ermöglicht.

Durch die Schenkung an das Kunstmuseum im Jahr 2003 finden sich neue Bezüge zu den Berner Sammlungen, aber auch neue Abhängigkeiten. Es wird dabei festgehalten, dass die Unabhängigkeit der jeweiligen Mitglieder der Ankaufskommission dem Museum gegenüber weiterhin gewährleistet wird und dass Kollaborationen mit weiteren Sammlungen oder Stiftungen erwünscht sind. So bringt eine konkrete Einbindung der Sammlung an einen bestimmten Ort und an ein bestimmtes Umfeld neue Strategien und Möglichkeiten mit sich, welche von Peter Aerschmann, Alexandra Blättler und Noah Stolz, die seit 2007 bis 2013 tätig sind, genutzt werden.

Für die jungen Kunstschaffenden, die von der neuen Ankaufskommission erworben werden - Katia Bassanini, Stefan Burger, Florian Germann, Luzia Hürzeler, Luc Mattenberger, Marco Poloni, David Renggli, Loredana Sperini - ist es oftmals der erste Ankauf von einer bedeutenden Institution und somit auch eine besondere Würdigung ihres Schaffens, was mit der Kamera in Form von kurzen Videoporträts oder in Interviews festgehalten wird.