Paysage ahah #5, 2009

Paysage ahah #5, 2009, Bernard  Voïta

Mitte der 1990er Jahre wendet sich Voïta von den Rasterbildern ab und beschäftigt sich mit Architektur- und Landschaftsbildern. Es sind jedoch keine veritablen Architekturbilder, sondern vielmehr artifizielle, wiederum für das Kameraauge gebaute Modelle die, mit einem Teleobjektiv aufgenommen, modernistische Architektur zu zeigen vorgeben. Diese „Architekturen und Strukturen", wie sie auf den Bildern erkennbar werden, sind an Abstraktion grenzende Arrangements und Muster und existieren nur durch die Fotografie. Sprich: der Betrachter interpretiert das Gesehene als Architekturen - im vergleichenden Prozess mit seinem Wissen und seinen Erfahrungen. Trotz ihrer auf den ersten Blick fast perfekten Täuschung, gibt es auf den Fotografien doch einige Hinweise auf ihre Täuschungsmanöver: Die Zonen der Schärfe und Unschärfe irritieren unsere Dimensionsvorstellung, und der Einsatz von gewissen erkennbaren Elementen verraten die Massstäblichkeit.

Zugleich erweitert Voïta den technischen und technologischen Rahmen seiner Repräsentationen, und zwar nicht nur durch den Ink-Jet-Print auf Papier, sondern ebenso mit einem zusätzlichen Print an der Rückseite des Rahmenglases. Hier breiten sich Landschaftsmotive aus, die vor den Fotografien der konstruierten Modelle angebracht werden. Durch die Überlagerung von zwei Bildflächen und den Effekt des Glases, somit Licht- und Schatteneinfall sowie Reflexionen, entsteht eine optische Tiefenwirkung. Virtuelle und reale Motive erfahren durch ihre Gemeinsamkeit nicht nur eine Abstraktion, sondern auch eine neue Einheit, die malerische Züge beinhaltet, wie dies Judith Welter darlegt und zugleich auf die Titelgebung der Werke hinweist: Paysage ahah verweist auf ein gestalterisches Element der Landschaftsarchitektur des 18. Jahrhunderts und umschreibt den lautmalerischen Ausdruck des Erstaunens, das zum zentralen Gestaltungselement des Landschaftsparks in der Tradition des Erhabenen gehört. Natürliche Landschaft, Grösse, Tiefe, Alter, Wahrhaftigkeit und Erhabenheit werden vorgetäuscht oder in Szene gesetzt, Realitätsebenen vermischen und lösen sich auf und gestalten, je nach Standort und Blickweise, eine neue Einheit, die aus Fragmenten, Überlagerungen und Täuschungen oder vielmehr Evokationen besteht.

In diesem Sinne führt Voïta seine Recherchen über Wahrnehmung, Illusion und die Möglichkeiten in der Konstruktion von Realität konsequent weiter.

 

EMJ

 

 

Künstler
Bernard Voïta
Gattung
Fotografie
Material
Inkjet auf Papier und Glas
Masse
93,0 x 133,0 x 5,0 cm
Standort
Ge 3:i
Inventarnummer
F 2010.152
Credits
Schenkung Stiftung Kunst Heute, 2010
Provenienz
Ankauf 2010 bei der Galerie Bob van Orsouw in Zürich mit der Unterstützung des Bundesamt für Kultur (BAK)
Ausstellungsgeschichte

Literatur

Weitere Infos