Erde in Samt, 1991/92

Erde in Samt, 1991, Guido Nussbaum

Erde in Samt gehört zu einem seit 1988 beginnenden Werkkomplex in unterschiedlichen Medien, in welchem sich der Künstler in gegenständlichem Vokabular mit dem Globus oder der Weltkarte auseinandersetzt und Kunst mit Weltbezug schafft. Dabei geht es um eine Auseinandersetzung mit der Verbildlichung unserer Welt, die wir uns von unserem Standpunkt ausgehend angeeignet haben, und was diese durch präzise Betonung oder hinterlistige Veränderungen bedeuten kann. Mit verblüffend einfachen realistischen Mitteln, wie positiv-negativ, gestaltet Nussbaum in pragmatischer Weise sein verhältnismässig kleines, ja intimes Bild: eine blau-gelbe Kugel, sanft in roten Samt gebettet. Erkannt wird die Erdkugel sogleich, doch dass es sich um eine simple Umkehrung von Wasser und gelben Erdoberflächen handelt, wird erst bei genauerem Hinsehen augenfällig. Der rote Samt verweist auf die Tradition der abendländischen Malerei und evoziert warme Stofflichkeit. Der Rahmen indes, selbstverständlicher Teil des Bildes, ist mit Zeitungsschnipseln beklebt, die mit Börsenkursen bedruckt sind und dadurch die dargestellte Illusion in die Wirklichkeit einbindet. Dass das Format des Gemäldes demjenigen des dazumal üblichen Fernsehbildes entspricht, ist kein Zufall. Allabendlich erscheint mit den News eine Weltkugel, die globalisierte Informationen verspricht. Generell verspricht ja der Globus kein Weltbild zu sein. Vielmehr ist er Darstellung, Modell, ein Instrument der Seefahrer, des Imperialismus, der Besitzaufzeichnung, der Entdeckung der Erde von Europa ausgehend. Doch wie Nussbaums Globus daliegt im samtenen Bett, so erscheint dieser als funktionslos, offen, um Sinnbild zu werden. Zugleich verführt der Titel Erde in Samt zu weiteren Assoziationen: aus Samt wird Sand. Die Erde, die aus rötlich-gelbem Sand besteht, respektive das Wasser, das nun zu Sand geworden ist, währenddessen die Erde zu Wasser wird.

Was will uns das Bild sagen? Guido Nussbaum hofft, dass nicht nur über das Bild und das Erkennen auf dem Bild geredet wird, sondern auch die grossen Probleme und Kriege, die mit dem Globus angesprochen werden, thematisiert werden.

 

EMJ

 

Künstler
Guido Nussbaum
Gattung
Malerei
Material
Öl auf Leinwand in mit Zeitungspapier beklebtem Originalrahmen des Künstlers
Masse
50,5 x 69,5 cm
Standort
Depot
Inventarnummer
G 03.021
Credits
Schenkung Stiftung Kunst Heute, 2003
Provenienz
Galerie STAMPA, 1993
Ausstellungsgeschichte

Aargauer Kunsthaus Aarau, 1997. Guido Nussbaum: travaux publics et privés.

Literatur

Weitere Infos