Gespräch in Gruppen - Komprimierende Breite, 1990
Man kann Hanimanns Zeichnungen nicht als freie Zeichnungen bezeichnen. Oft handelt es sich um ein Abzeichnen, ein Durch- oder Nachzeichnen. Dabei isoliert er die Umrissform von Personen und weiteren Dingen und stellt die Zeichnung in einen neutralen Raum, in welchem der lebendige Kontext nicht mehr vorhanden ist. Resultat ist ein unpersönlicher, zuweilen spröder, distanzierter respektive neutraler Strich, in welchem Wichtigkeiten und Unwichtigkeiten formal gleich geordnet und dargestellt werden und sich in einem weissen Umfeld ohne Handlungskontext präsentieren. Lebendigkeit ist erstarrt, was die Zeichnung zu einem Emblem macht, wo die Figuren und Objekte auf einen Restbestand von Individualität reduziert werden. Durch ihre Zeichenhaftigkeit haben sie einen festen Platz im Feld der Bedeutungen. Nicht selten zwängt er seine Objekte oder Subjekte aus der lebensweltlichen Realität in schematische oder geometrische Strukturen.
Das Blatt Gespräch in Gruppen - Komprimierende Breite ist Teil eines Werkkomplexes von 10 Bleistiftzeichnungen und 2 Malereien mit Goldbronze auf Papier. Es zeigt zwei unterschiedliche Szenerien, die von geometrischen Strukturen gesäumt und strukturiert werden. Ein Mann entfaltet vor sich die Flügel einer Fledermaus. Wendet man das Blatt um 90 Grad im Uhrzeigersinn, so trägt ein weiterer, mit gestreifter Jacke gekleideter Mann mit der einen Hand eine Urne auf Schulterhöhe, während seine andere Hand das geneigte Haupt stützt. Beide Darstellungen werden durch schmale horizontale Balken strukturiert. 7 mit Bleistift schattierte Kreise akzentuieren die Randgebiete der Darstellung, geben dieser Halt und verleihen ihr Anziehungspunkte und somit auch Ordnung. Das im Titel vermerkte Gespräch findet nicht unter den beiden Personen statt. Will man beim Terminus Gespräch bleiben, so sind es vielmehr die geometrischen Strukturen in Gruppen, die miteinander in einem Beziehungsgeflecht verbunden sind und die figürlichen Darstellungen miteinbeziehen.
EMJ