Didn't you? I think life is morality, 1990

Didn't you? I think life is morality, 1990, Alex  Hanimann

Man kann Hanimanns Zeichnungen nicht als freie Zeichnungen bezeichnen. Oft handelt es sich um ein Abzeichnen, ein Durch- oder Nachzeichnen. Dabei isoliert er die Umrissform von Personen und weiteren Dingen und stellt die Zeichnung in einen neutralen Raum, in welchem der lebendige Kontext nicht mehr vorhanden ist. Resultat ist ein unpersönlicher, zuweilen spröder, distanzierter respektive neutraler Strich, in welchem Wichtigkeiten und Unwichtigkeiten formal gleich geordnet und dargestellt werden und sich in einem weissen Umfeld ohne Handlungskontext präsentieren. Lebendigkeit ist erstarrt, was die Zeichnung zu einem Emblem macht, wo die Figuren und Objekte auf einen Restbestand von Individualität reduziert werden. Durch ihre Zeichenhaftigkeit haben sie einen festen Platz im Feld der Bedeutungen. Nicht selten zwängt er seine Objekte oder Subjekte aus der lebensweltlichen Realität in schematische oder geometrische Strukturen.

Die Rätselhaftigkeit der Zeichnung Didn't you? I think life is morality, die Teil ist eines Werkkomplexes von 10 Bleistiftzeichnungen und 2 Malereien mit Goldbronze auf Papier, findet sich in der Titelgebung wie auch in den Schriften auf dem Blatt wieder. Die gross in Umrisslettern vermerkte Schrift Alex 1955 lässt an den 1955 geborenen Künstler denken. Die eingerahmte Inschrift, die den Titel ergeben hat, findet sich rechts unten zu Füssen eines aus Umrisslinien entstandenen Pelikans, der sich in scheinbarer Interaktion zu einem Menschen befindet. Flügel und Hand berühren sich, ohne indes wirklich Kontakt miteinander zu haben. Das Gegenüber, der Mann mit Tropenhelm und Stiefel, wurde präzise in 8 unterschiedlich grosse, horizontale Teile zerlegt. Wer war es nicht? Und was soll die Moral in der Geschichte? Die Konditionierung des Tieres durch den Menschen ist eine Grundthematik des Künstlers, die er in verschiedenster Form durchexerziert, ohne eindeutige Antworten oder Resultate aufweisen zu wollen. Alex 55 lässt uns in diesem Blatt in der Leere und somit im Formalen tappen und den Charme des Unvereinbaren geniessen.

 

EMJ

 

Künstler
Alex Hanimann
Gattung
Zeichnung
Material
Bleistift auf Pergament, auf weisses Papier montiert
Masse
32,5 x 24,5 cm
Standort
Depot
Inventarnummer
A 2003.071
Credits
Schenkung Stiftung Kunst Heute, 2003
Provenienz
Ankauf 1990 beim Künstler
Ausstellungsgeschichte

Literatur

Weitere Infos

Der Werkkomplex (10 Bleistiftzeichnungen, 2 Malereien mit Goldbronze) wurde von der Ankaufskommission 1990 anlässlich eines Atelierbesuches beim Künstler erworben, im Wissen, dass diese durch einen weiterführenden Werkkomplex ergänzt werden sollen. Am 1992 erworbenen Pawlow-Block begann Hanimann eben zu arbeiten.