Ohne Titel (Chinesische Landschaft), 1989

Ohne Titel (Chinesische Landschaft), 1989, Silvia Bächli

Bei Silvia Bächlis Ohne Titel (Chinesische Landschaft) von 1989 handelt es sich um eine für die Schaffensphase Ende der 1980er Jahre typische Auswahl von mehreren Blättern, die in der Art einer spontan gesetzt wirkenden Accrochage präsentiert werden. Wie meist in solchen Arrangements hat die Künstlerin für die erwähnte Arbeit in verschiedenen Techniken bearbeitete Blätter von unterschiedlichem Format und diverser Beschaffenheit zusammengestellt. Aber nicht nur in materieller Hinsicht unterscheiden sich die einzelnen Zeichnungen beträchtlich voneinander - ebenso sehr fällt auf, wie das in ihnen motivisch Vermittelte differiert. Rasch zu identifizieren sind etwa die als Gouache mit einem Pinsel gezeichneten, manchmal (kalli-)grafisch und manchmal mehr malerisch wirkenden Formen, die an Fragmente menschlicher Körper denken lassen. Daneben finden sich Blätter, die eher ornamental anmuten, auch wenn sich zum Beispiel hier und dort etwas abzeichnet, das wie ein Auge aussieht. Sehr deutlich hebt sich eine von den anderen etwas abgesetzt platzierte Zeichnung ab, welcher die Arbeit wohl ihren Titel verdankt: Das Blatt zeigt wolkige Strukturen, die an eine bewaldete Hügellandschaft erinnern; man meint, solcherlei von aus dem asiatischen Kulturraum stammenden Illustrationen zu kennen. Mit diesem Landschaftsausschnitt kommt noch einmal - in etwas anderer Weise als über die Körper-Darstellungen, die sich in Silvia Bächlis Œuvre allenthalben finden - der Raum ins Spiel. Dies ist insofern bemerkenswert, als die räumlichen Verhältnisse hier gerade auch zwischen den Zeichnungen und zum Betrachter hin relevant sind. Es entsteht ja aufgrund der Vielfalt dieser Blätter der Eindruck, weniger vor einer Werkserie zu stehen, sondern vielmehr vor einem Ensemble je autonomer Zeichnungen, die sich in einer Installation miteinander verbinden. Die Platzierung der Blätter gibt keine eindeutige Sehrichtung vor - der Betrachter wird je nach Distanz zur Wand, an der die Zeichnungen angebracht sind, und je nach Körpergrösse und Bewegungsrichtung im Ausstellungsraum, seinen Blick nicht nur auf das Gesamt der Zeichnungen, sondern auf das eine oder andere Blatt richten. Die Offenheit dieses Werks allerdings offenbart sich nicht bloss hinsichtlich der stets wieder neu zu klärenden Frage, ob die Zeichnungen simultan oder sukzessive - beginnend bei diesem oder jenem Blatt - wahrgenommen werden, wie sie sich also räumlich und sinngemäss wirklich zueinander verhalten. Offen ist nämlich Ohne Titel (Chinesische Landschaft) auch dahingehend, dass die in zeichnerischen Arbeiten üblicherweise so eindeutig scheinende Grenze zwischen betrachtungsrelevantem Werk und im Betrachten zu übersehendem Umraum aufgehoben ist: Wieviel Wandfläche gehört zum Ensemble dieser offensichtlich in einer Beziehung zueinander stehenden Zeichnungen? Und was zeigt sich allenfalls in den Räumen zwischen den einzelnen Zeichnungen, als ideelle Verbindung von zweien? Denn trotz der Unterschiedlichkeit der Blätter scheint es doch auch mancherlei Korrespondenzen zwischen ihnen zu geben; also kommt der wegen des installativen Charakters der Arbeit in besonderem Masse involvierte Betrachter nicht umhin, kraft seiner Vorstellung diese Beziehungen der Zeichnungen untereinander selber erst zu entdecken.

 

IF

 

 

Künstler
Silvia Bächli
Gattung
Zeichnung
Material
9-teilige Installation: Gouache, Fettstift, Tinte auf Papier

1 = 25,0 x 35,0 cm
2 = 14,0 x 21,0 cm
3 = 23,5 x 32,0 cm
4 = 21,0 x 14,8 cm
5 = 29,6 x 21,0 cm
6 = 32,0 x 23,5 cm
7 = 37,5 x 24,8 cm
8 = 35,0 x 25,0 cm
9 = 29,5 x 21,0 cm
Masse
Installation: 220,0 x 160,0 cm
Standort
Depot
Inventarnummer
A 2003.200/ 1-9
Credits
Schenkung Stiftung Kunst Heute
Provenienz
Ankauf 1989 bei der Galerie STAMPA in Basel
Ausstellungsgeschichte

Literatur

Weitere Infos