Torso, 1980
Die Beschäftigung mit Skulpturen und Objekten ist im Werk von Jean-Frédéric Schnyder, trotz grosser Diversität in Gattung und Stil, in den frühen Jahren seltener anzutreffen als das bildnerische Schaffen auf Leinwand und Papier.
An der documenta 5 1972 ist der Künstler in der Abteilung der „Individuellen Mythologien" u.a. mit der Skulptur Figur präsent.
Von demselben Geist beseelt ist auch Schnyders Skulptur Torso, die ebenso von bildhauerischer Meisterschaft geprägt ist. Der Torso verweist nicht etwa auf die plastische Darstellung eines menschlichen Körpers ohne Gliedmassen, sondern widmet sich einem sofort verständlichen Zeichen, das als Symbol zu verstehen ist. In seiner sprichwörtlich ganzen Herrlichkeit wird ein hölzerner, teilweise bemalter Phallus präsentiert, wie er in verschiedensten Kulturen der ganzen Welt als Fruchtbarkeitssymbol verehrt wird. Bei Schnyder ruht die skulpturale Verherrlichung des Phallus, der liebevoll mit Zopf und Mäschchen versehen ist, in einem weiblichen Schoss, der breitbeinig auf einem elegantem Chromstahlsockel mit Glas präsentiert wird.
Mit seiner reizvollen, detailreichen Gestaltung eines Archetypus, der im Weiblichen ruht und ins Weibliche führt, bringt der Künstler in stimmiger Weise elementare Lebenskraft zum Ausdruck.
EMJ