Philosophie, U 50, 1993

Eine malerische Entwicklung, die bei Armleder auf den ersten Blick erstaunt, sind seine expressiv und zugleich lyrisch oder dekorativ anmutenden, grossformatigen Gemälde aus den Jahren 2006/2008, die er zeitgleich neben den Neo-Geo-Malereien, respektive Punktebildern, erstellt. Er nennt sie Giessbilder, die grosse Offenheit und Flexibilität während des Schaffensprozesses fordern. Keine Vorstudien oder Skizzen, bevor er sich an das Werk heranwagt, sondern vielmehr Skizzen danach, wenn das Werk vollendet ist. Keine Perfektion, sondern ein steter Prozess. Eine grosse Bedeutung nimmt somit der Zufall ein.

Beinahe wörtlich übernimmt Armleder das Prinzip der Kompositionen von Larry Poons (*1937), der seinerseits Anleihen zum Dripping und weiteren Techniken der amerikanischen Malerei der 1950er Jahre macht, wo eine Überschreitung des Bildrahmens durch das aleatorische Prinzip eine der punktuellen Komposition gegensätzliche Ästhetik mit sich bringt. In diesen aus den 70er Jahren stammenden Werken lässt der Amerikaner effektvoll Farbe über hochgestellte Leinwände fliessen. Weniger interessieren ihn die kritischen Postulate der damaligen Avantgarde, als vielmehr der dekorative Effekt einer formalen Handhabung.

Was Armleder in seinem weiterführenden Zitat interessiert, sind keineswegs Inhalte, sondern das Zitieren als signifikante Entscheidung und die Frage nach den Möglichkeiten von visueller Kunst; die Referenzen weisen in verschiedene Epochen, die von unterschiedlichen Inhalten genährt werden und nun zur dekorativen Ansicht gerinnen. Diese bildet eine Möglichkeit, sich mit der Funktion eines Bildes oder eines inszenierten Raumes zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte zu beschäftigen. Die Werke erhalten ihren Sinn durch Handlungen und Gegebenheiten in unserer Zeit.

EMJ