L'Oeil pour l'oeil, 2002-2002
Am 11. September 2002, ein Jahr „danach", nimmt Duyvendak Bilder und kurze Filmausschnitte von verschiedenen TV-Stationen auf. Das Verschwinden der Twin Towers als machtvolles Symbol des kapitalistischen Westens und die fundamentale Veränderung der Gesellschaft aufgrund dieser Attentate drängen den Künstler dazu, nach dem zeitgenössischen Zustand unserer Gesellschaft zu suchen. Die von der Politik und der öffentlichen Meinung erschaffene Historie und Gegenwartsbetrachtung wird erschüttert. Und danach? Was bleibt zurück, ein Jahr danach? Was haben wir daraus gemacht? Ist alles vorbei? Bereits der Titel weist uns darauf hin, dass Rache, wie sie im Alten Testament festgeschrieben wurde, bevorsteht.
Eine grosse Anzahl „Talking Heads" aus dem Fernsehen reiht Duyvendak ausschnitthaft aneinander und projiziert den collagierten, von schneller Schnittfolge geprägten Film, der somit ausschliesslich aus Found Footage-Bildern des Monats September besteht, auf seinen Torso und sein Antlitz. Während dieser 6-minütigen Performance für die Kamera steht der stumme, zuweilen indifferent, erstaunt, zuweilen melancholisch anmutende Künstler, der nur wenig den Kopf etwas dreht, für die Bilderfolgen als Projektionsfläche zur Verfügung. So wird er für einige Sekunden zum Politiker, Moderator oder zum Kommentator seiner Zeit. Es entsteht ein unheimlicher Film, der die im 3-Sekundentakt sich ändernden Masken und den Maskierten gleichermassen entlarvt und auf die Macht entsprechender Repräsentationen hinweist. „...ce n'est plus big brother qui nous regarde, mais nous sommes big brother regardant, et nous voyons, les yeux dans les yeux, l'ennemi que nous sommes à nous-mêmes." (Y.D.)
EMJ